Laurence-Moon-Bardet-Biedl-Syndrom Q87.81

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autor: Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 07.05.2021

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Synonym(e)

Adiposo-hypogenitales-Syndrom; Bardet-Biedl-Syndrom; BBS; Laurence-Moon-Biedl-Bardet-Syndrom; Laurence-Moon-Biedl-Syndrom; OMIM: 209900

Erstbeschreiber

Die britischen Ophthalmologen Laurence und Moon beschrieben 1866 ein Krankheitsbild, bei dem in einer Familie bei vier Personen Retinitis pigmentosa diagnostiziert wurde, die zusätzlich Paraplegien, Hypogenitalismus und geistige Behinderung aufwiesen.

1920 beschrieb der französische Arzt Bardet ein Krankheitsbild, das sich aus RP, Polydaktylie, Fettsucht und Hypogenitalismus zusammensetzt. Der Prager Pathologe Biedl fügte diesem Krankheitsbild noch die Debilität hinzu.

1925 haben Solis-Cohen und Weiss die bis dahin veröffentlichten Fälle zusammengefasst und als Laurence- Moon-Bardet-Biedl-Syndrom bezeichnet.

Inzwischen wird das Bardet-Biedl-Syndrom der Gruppe der Zilienerkrankungen (Ziliopathien) zugeordnet. Die Ziliopathien sind durch ein breites klinisches Spektrum mit Überlappungen und fließenden Übergängen zwischen unterschiedlichen Zilienerkrankungen charakterisiert.

Definition

Das Laurence-Moon-Bardet-Biedl-Syndrom, ist ein komplexes, hereditäres Mißbildungssyndrom aus der Gruppe der Ziliopathien. Das Syndrom äußert sich durch mit multiple Fehlbildungen, die durch Mutationen auf unterschielidchen  Chromosomen bzw. Genorten ausgelöst werden.

 

Vorkommen/Epidemiologie

Die Prävalenz der Krankheit variiert zwischen isolierten, konsunguinen (Beduinen und Neufundland – 1:13.500 und 1:16.000) und anderen Populationen (Nordamerika und Europa – 1:140.000 und 1:160.000).

Ätiopathogenese

Der Krankheit sind Mutationen in mindestens einundzwanzig verschiedenen Genen (BBS1-BBS21) zugeordnet .

BS1 wird durch Mutation in einem Gen auf Chromosom 11q13 (209901) verursacht;

BBS2 (615981), durch Mutation in einem Gen auf 16q13 (606151);

BBS3 (600151), durch Mutation im ARL6-Gen auf 3q11 (608845);

BBS4 (615982), durch Mutation in einem Gen auf 15q22 (600374);

BBS5 (615983), durch Mutation in einem Gen auf 2q31 (603650);

BBS6 (605231), durch das MKKS-Gen auf 20p12 (604896), Mutationen, bei denen auch das McKusick-Kaufman-Syndrom verursacht wird (236700);

BBS7 (615984), durch Mutation in einem Gen auf 4q27 (607590);

BBS8 (615985), durch Mutation im TTC8-Gen auf 14q32 (608132);

BBS9 (615986), durch Mutation in einem Gen auf 7p14 (607968);

BBS10 (615987), durch Mutation in einem Gen auf 12q (610148);

BBS11 (615988), durch Mutation im TRIM32-Gen auf 9q33 (602290);

BBS12 (615989), durch Mutation in einem Gen auf 4q27 (610683);

BBS13 (615990), durch Mutation im MKS1-Gen (609883) auf 17q23, Mutationen, bei denen auch das Meckel-Syndrom-1 (249000) verursacht wird;

BBS14 (615991), durch Mutation im CEP290-Gen (610142) auf 12q21, Mutationen, bei denen auch das Meckel-Syndrom-4 (611134) und mehrere andere Störungen verursacht werden;

BBS15 (615992), durch Mutation im C2ORF86-Gen (613580), das einen Homolog des Drosophila planaren Zellpolaritätsgens 'fritz' auf 2p15 kodiert;

BBS16 (615993), durch Mutation im SDCCAG8-Gen (613524) auf 1q43, Mutationen, bei denen auch das Senior-Loken-Syndrom-7 (613615) verursacht wird;

BBS17 (615994), durch Mutation im LZTFL1-Gen (606568) auf 3p21;

BBS18 (615995), durch Mutation im BBIP1-Gen (613605) auf 10q25;

BBS19 (615996), durch Mutation im IFT27-Gen (615870) am 22q12;

BBS20 (617119), durch Mutation im IFT74-Gen (608040) auf 9p21;

BBS21 (617406), durch Mutation im C8ORF37-Gen (614477).

Klinisches Bild

Komplexes Mißbildungssyndrom das sich durch folgende JHauptsymptome kennzeichnet: 

  • mentale Retardierung
  • Retinopathie (Beetz 2013)
  • Adipositas
  • Polydaktylie
  • Fehlbildungen der Nieren
  • Hypogenitalismus bei männlichen Patienten (Risler 2008)

Weitere Symptome mit geringer Häufigkeit (Nebensymptome):

  • Analatresie
  • Anosmie
  • Ataxie
  • Asthma
  • Bluthochdruck
  • Diabetes mellitus
  • fortschreitende (progrediente) Innenohrschwerhörigkeit
  • Herzmissbildungen
  • Hoch-, Riesen-, Minderwuchs
  • Hyperlipidämie (erhöht sind: Cholesterin, Triglyceride und Lipoproteine)
  • Hypodontie
  • Kyphoskoliose
  • Lebervergrößerung, -funktionsstörung, Leberfibrose
  • Morbus Crohn (entzündliche Dünn- und /oder Dickdarmerkrankung)
  • Morbus Hirschsprung oder Megacolon congenitum
  • Pigmentnaevi
  • Psychische Probleme: Angst, Depressionen, zwanghaftes Verhalten, affektive und autistische Störungen, psychosomatische Erkrankungen
  • Rippen- und Wirbeldysplasien (-fehlbildungen)
  • Schlafapnoe
  • Spina bifida
  • Sprachverzögerung, Sprachdefizite
  • Urogenitaldysplasien (Fehlbildungen der ableitenden Harnwege sowie der Geschlechtsorgane)
  • Zahnstellungsanomalien

Literatur
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